Heidelbeer-Muffins

Der Appetit auf Süßes nach dem Essen

René Dolge zoom Unabhängig vom Sättigungsgrad verlangt es uns nach einer Hauptmahlzeit häufig nach etwas Süßem. Woher kommt das? Mit dieser Frage beschäftigt sich unser Autor René Dolge im folgenden Artikel.

Zutaten (für 12-15 Stück)

  • 2 Hühnereier
  • 160 g Zucker
  • 50 ml Rapsöl
  • 200 g saure Sahne oder Joghurt
  • Prise Muskatnuss
  • 200 g Mehl (nach Wunsch Dinkel, Vollkorn etc.)
  • ½ Pckg. Backpulver
  • 150 g Heidelbeeren 

Gesamtenergie pro Muffin: 175 kcal, Eiweiß: 3,2 g, Kohlenhydrate: 26,7 g, Fett: 5,6 g

Zubereitung

Zunächst Eier und Zucker mit Schneebesen oder Handrührgerät cremig schlagen, dann Öl, saure Sahne und Muskat unterrühren. Das gewünschte Mehl mit Backpulver mischen und ebenfalls unter die Eiermasse heben. Den Teig dann portionsweise auf 12 bis 15 Muffinförmchen verteilen, je 4-6 Heidelbeeren auflegen und alles bei 150 Grad Umluft (170 Grad Ober- und Unterhitze) für 25-30 Minuten backen (Bräunungsgrad und Stäbchentest).

Geeignet als: Turniersnack, Zwischenmahlzeit/Vesper

Nutzen für den Sportler

Häufig kann man erwachsene Menschen nach einem sättigenden Essen dabei beobachten, wie sie vergnügt nach etwas Süßem als Nachtisch suchen. Und dies tun sie meist unabhängig vom Füllzustand des Magens, egal ob „knüppel voll“ oder kurz davor. Da stellt sich doch die Frage, woher dieses Verhalten kommt? Der Körper hat bereits ein teilweise spürbares Überangebot an Nahrung erhalten und dennoch wird eine weitere Energieaufnahme gebilligt. Für dieses (Fehl-)Verhalten moderner Menschen existieren mittlerweile unzählige Erklärungsmodelle. Dabei stößt man auf Begrifflichkeiten wie Mere Exposure Effect, spezifisch-sensorische Sättigung, Alliästhäsie, konditionierte und wahrnehmungsspezifische Sättigung. Hinzu kommen eine große Zahl biochemischer Prozesse, allerlei Hormone und Botenstoffe in den verschiedenen Sättigungszentren im Gehirn und im Bereich des Magen-Darmtraktes [1; 2; 4].

Die Lust nach Süßem nach der Hauptmahlzeit beruht zumindest nicht auf dem Hungersignal des Körpers, denn Hunger entsteht erst nach Nahrungsentzug als nagendes Gefühl, welches uns zur erneuten Nahrungsaufnahme auffordert [2; 4]. Der Begriff „Appetit“ ist hier passender, als generelle Tendenz zur Kalorienaufnahme, da er auch das Verlangen nach etwas Spezifischem (wie in diesem Fall etwas Süßem) beschreibt [2; 4].

Der süße Hieper nach dem Hauptgang könnte durch den Mere Exposure Effekt erklärt werden. Wenn ich einer Tätigkeit oder einem Reiz neutral gegenüber stehe und diesem oft ausgesetzt werde, entwickle ich irgendwann eine positive Einstellung gegenüber dieser Sache/Handlung. In der Evolution sicherte uns dies das Überleben, da sich der heranwachsende Organismus so an die örtlichen Nahrungsquellen gewöhnen und diese akzeptieren konnte. Heute nutzt bspw. die Werbeindustrie solche Effekte aus, indem Werbespots so oft wie möglich gespielt werden und so beim Verbraucher eine positive Assoziation mit dem Produkt herstellen sollen [1]. Lernen wir also bereits im Kindesalter die Nachspeise als feste Größe zur Hauptmahlzeit kennen, welche wir ohne negative Gefühle oder Druck immer wieder serviert bekommen, so wird sich dies als festes Ritual in unserem Gehirn verankern. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass es in jedem Land Lebensmittel gibt, die dort als Delikatesse gelten, welche in einem anderen Land eher zu Ekel oder ähnlichen Reaktionen führen würde. Bereits als Kind erlernen wir also bestimmte Lebensmittel oder Speisenzusammensetzungen und Menüfolgen als attraktiv oder unattraktiv kennen [3].

Auch die sensorisch-spezifische Sättigung wird beim Thema Nachspeise eine Rolle spielen. Ein System, von der Natur entwickelt nicht in die Einseitigkeit einer monotonen Speisenfolge zu verfallen, indem eine ansteigende Aversion oder Sättigung beim Verzehr einer bestimmten Speise oder Geschmacksrichtung hervorgerufen wird. Wenn also der herzhafte Hieper gestillt wurde, kann eine neue Geschmacksrichtung wieder mit Appetit gespeist werden, auch wenn der Magen schon die Grenze des möglichen Füllzustandes erreicht hat [3].

Auch die Setpoint-Theorie aus den 80er und 90er Jahren kann als Erklärungsmodell für den süßen Hieper anhand des Zustandes während oder nach einer gewünschten Abnahme überschüssiger Körperfettmasse (beim Gewicht machen oder Diät halten) dienen. Denn diese besagt, dass jeder Mensch eine genetisch vorprogrammierte Körpermasse (Fettgewebsmenge) besitzt, welche der Organismus immer wieder erreichen möchte (Stellgröße) [4; 5]. Nach Gewichtsabnahme wird der Körper also versuchen, die reduzierten Fettspeicher wieder zu füllen und dies gelingt besonders effektiv über zucker- und fettreiche Desserts [1].

Weitere Faktoren können emotionaler Hunger (Essen zum Abbau schlechter Gefühle), Essen unter Stresshormonfreisetzung (zum Stressabbau) oder bei Schlafmangel sein. Stress, Schlafmangel und emotionales Essen führen zu einer über die Bedürfnisse des Körpers hinausgehenden erhöhten Energieaufnahme, insbesondere wieder durch Appetit zur Aufnahme fett- und zuckerreicher Lebensmittel [4; 5]. Auch eine erworbene (bspw. bei starkem Übergewicht) Resistenz oder angeborene Resistenz gegenüber bestimmten sättigungsregulierenden Hormonen und Zytokinen, wie Insulin, Ghrelin, Leptin u.a., kann ein Ausbleiben des Sättigungssignals provozieren und die weitere Nahrungsaufnahme begründen [4].

Nicht zu vernachlässigen ist auch das Zusammenspiel des Dopamin- und Opiat-Systems im Rahmen des Belohnungssystems des Menschen. Nahrung und Nahrungsaufnahme sind mit Belohnung assoziiert, so dass Aussehen und Geruch von Speisen sogar die Regulationsmechanismen von Hunger und Sättigung überbieten können [4]. Vor allem stark fett- und zuckerhaltige Lebensmittel regen das Opiatsystem in einer Weise an, die der Reaktion auf Alkohol und Drogen ähnelt. Je öfter nun solche Speisen verzehrt werden, desto weniger effektiv wirken die Hunger- und Sättigungshormone. Wir werden dann nur noch durch das Belohnungssystem gesteuert und verfallen immer mehr der verstärkten Aufnahme kalorienreicher Lebensmittel [4].

Natürlich existieren zur Erklärung des Hiepers auf einen süßen Nachtisch direkt nach der eigentlichen Hauptspeise noch viele weitere Begründungen und Erklärungsansätze. Es scheint zumindest jedoch eine Mischung aus angeborenen und erworbenen Faktoren zu sein, wobei bei den meisten Menschen in modernen Gesellschaften mit Lebensmittelüberfluss wohl eher die antrainierten Essgelüste eine Rolle spielen dürften.

Unser Autor René Dolge ist staatlich anerkannter Diätassistent, trägt den Titel „M.Sc.Gesundheits- und Pflegewissenschaft" und arbeitet freiberuflich in der Diät- und Ernährungstherapie. Im Sachsensport und auf den Seiten des Landessportbundes Sachsen unter www.sport-fuer-sachsen.de stellt er monatlich neue praktische Beispiele für sportgerechte Ernährung vor.

Literatur:

[1] DLG e.V. Fachzentrum Ernährungswirtschaft (Hrsg.) (2015). DLG-Expertenwissen 8/2015: Sättigungspotenzial von Fett aus Lebensmitteln. Frankfurt a. M.: DLG e.V. Fachzentrum Ernährungswirtschaft [2] Blundell, J.E. (1990). Appetite disturbance and the problems of overweight. Drugs, 39 Suppl 3:1-19. [3] Prof. Pudel, V. (2002). Warum Kinder anders essen als sie sich ernähren sollen. In: So macht Essen Spaß! Ein Ratgeber für die Ernährungserziehung von Kindern. Beltz-Verlag [4] Huth, V. (2008). Die sensorisch-spezifische Sättigung bei Patienten mit Schizophrenie im Vergleich zu gesunden personen. Kiel: Philosophische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel [5] Pudel, V. & Westenhöfer, J. (2003). Ernährungspsychologie. Göttingen: Hogrefe.