Glossar
Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Sport
Sport lebt von seiner Vielfalt. Chancengleichheit ist dabei nicht nur Basis für die Teilhabe am Sportgeschehen, sondern auch auch für die Beteiligung auf allen Ebenen – auch in Führungspositionen. Ein wichtiges Thema ist hierbei auch die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Sport.
Obwohl das Thema der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt und gesellschaftliche Akzeptanz findet, dominiert in den meisten Sportarten noch immer die strikte Einteilung in "weiblich" und "männlich" – damit einhergehend auch eine starke Körperbezogenheit. Problematisch wird das dahingehend, dass somit Menschen, die sich keiner der beiden Kategorien zugehörig fühlen, ausgeschlossen sind.
Indem etwa trans-, inter- und nichtbinäre Menschen (TIN) bei dieser binären Trennung nicht mit konnotiert sind, können diese in Erklärungsnot und Anpassungsdruck geraten oder gar Ausgrenzung erfahren. Die Folge kann sein, dass sie sich sowohl dem Vereinssport abwenden als auch einen erschwerten Zugang zu Sport im Allgemeinen haben. Gleiches gilt für nicht heterosexuelle Menschen. Auch diese sehen sich in vielen Bereichen des Sports vielerorts mit Vorurteilen konfrontiert und können ihre sexuelle Orientierung nicht frei ausleben.
Basiswissen und Ansprechstellen
Weil das Thema der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt auch für den organisierten Sport ein wichtiger Aspekt im Kontext von Gleichberechtigung und Chancengleichheit ist, soll das Glossar auf dieser Seite dabei helfen, sich dem Thema zu öffnen und Berührungsängste niederschwellig abzubauen. Zum einen liefert es grundlegende Informationen zur Aufklärung – etwa anhand von Definitionen und Erläuterungen einzelner Begrifflichkeiten –und zum anderen zeigt es interessierten Sportvereinen mögliche Ansprechstellen für Weiterbildungs- und Sensibilisierungsformate auf.
Glossar
Was bedeutet sexuelle und geschlechtliche Vielfalt?
Die Bezeichnung "sexuelle Vielfalt" bezieht sich auf verschiedene sexuelle Orientierungen und umfasst unter anderem:
- Heterosexualität (sexuelle Anziehung zwischen Männern und Frauen)
- Homosexualität (sexuelle Anziehung zum gleichen Geschlecht)
- Bisexualität (sexuelle Anziehung sowohl zu Männern als auch zu Frauen bzw. sexuelle Anziehung zu mehr als einem Geschlecht)
- Pansexualität (sexuelle Anziehung zu allen Geschlechtern)
- Asexualität (keine sexuelle Anziehung, egal zu welchem Geschlecht)
Trotz der Vielfalt an Bezeichnungen für die jeweilige sexuelle Orientierung gilt vielerorts noch immer die Heterosexualität als Norm. Für Personen mit anderen sexuellen Orientierungen heißt das dann oftmals, dass sie sich mit Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert sehen und es ihnen erschwert wird, die eigene sexuelle Orientierung offen zu leben – auch im Sport.
Achtung!
Ein Fehler, der häufig aus Unkenntnis gemacht wird, ist die Gleichsetzung von sexueller Orientierung und geschlechtlichen Identität – diese gilt es klar voneinander abzugrenzen. Denn das Geschlecht einer Person (cisgeschlechtlich, trans(geschlechtlich), inter(geschlechtlich), endogeschlechtlich, nichtbinär oder ein anderes Geschlecht bzw. eine andere Geschlechtsidentität) lässt keine Rückschlüsse auf ihre sexuelle Orientierung zu. So kann z.B. eine trans Person heterosexuell, homo- oder pansexuell sein oder auch eine andere sexuelle Orientierung haben.
Was bedeutet trans(geschlechtlich)?
- Trans(geschlechtliche) Personen identifizieren sich nicht (vollständig) mit dem ihnen bei Geburt zugeordneten und ursprünglich in die Geburtsurkunde eingetragen Geschlecht.
- Trans Personen können binär oder nicht-binär verortet sein.
- Einige trans Personen streben die Änderung ihres Namens- und Personenstands auf offiziellen Ausweisdokumenten an.
- Trans Personen können Körperdysphorie erleben, ein tiefgreifendes Unbehagen mit dem eigenen Körper.
Um sich in ihrem Körper wohl zu fühlen, nehmen einige trans Personen medizinische Leistungen zur Geschlechtsangleichung in Anspruch (z.B. Hormontherapien, operative Eingriffe). Dabei wird jede Transition bzw. Geschlechtsangleichung individuell vorgenommen – und endet dort, wo es sich für die Person richtig anfühlt.
Abgrenzung
- Menschen, die nicht trans(geschlechtlich) sind, bezeichnet man als cis(geschlechtlich)
Was bedeutet inter(geschlechtlich)?
Inter(geschlechtliche) Menschen haben angeborene körperliche Merkmale, die sich nach medizinischen Normen nicht eindeutig als (nur) männlich oder (nur) weiblich einordnen lassen (genetisch, anatomisch, hormonell…). Man bezeichnet diese als Varianten der Geschlechtsentwicklung. Menschen, die nicht inter(geschlechtlich) sind, bezeichnet man als endo(geschlechtlich).
Was bedeutet nicht-binär?
Nicht-binär, non-binary oder auch genderqueer sind Selbstbezeichnungen für eine Geschlechtsidentität, die sich nicht in der Gegenüberstellung von Mann oder Frau beschreiben lassen. Damit kann eine Geschlechtsidentität zwischen, sowohl-als-auch, weder-noch oder jenseits von männlich und weiblich gemeint sein.
Was bedeutet queer?
Der Begriff queer hat mehrere Bedeutungen:
- Sammelbegriff für die Gruppe der nicht heterosexuellen bzw. nicht cis- oder nicht endo(geschlechtlichen) Personen
- Bezeichnung von Geschlechtsidentitäten oder sexuellen Orientierungen
- Sammelbegriff für diejenigen, die die Norm der Zweigeschlechtlichkeit in Frage stellen
Was ist mit divers gemeint?
Divers ist neben männlich, weiblich und dem offenen Personenstand (Austragung) ein möglicher Personenstand, den das deutsche Personenstandsrecht vorsieht. Insgesamt gibt es vier offizielle Personenstände in Deutschland. Menschen, die sich nicht in die Kategorien „männlich“ oder „weiblich“ einteilen lassen, können den Personenstand divers bzw. die Möglichkeit der Austragung wählen.
Warum sollte sich der Sport mit dem Thema bzw. den Personengruppen speziell beschäftigen?
Der Sport und insbesondere der Breitensport haben den Anspruch, für alle offen zugänglich zu sein. Dies ist insbesondere in Hinblick auf deine positive Wirkung auf das körperliche und psychische Wohlbefinden wichtig. Zudem verhilft Sport zu einer positiven Körpererfahrungen und sorgt, indem sich im Sport viele Menschen direkt begegnen, für den Abbau von Vorurteilen.
In Bezug auf sexuelle und geschlechtliche Vielfalt gibt es jedoch auch im Sport noch immer zahlreiche Vorurteile, Berührungsängste und Unkenntnis. Entsprechend wird in vielen Vereinen und Verbänden insbesondere die geschlechtliche Vielfalt oftmals noch nicht mitgedacht und Sportangebote ausschleißlich binär auf Männer und Frauen ausgerichtet. Dies hat zur Folge, dass sich queere Personen von Sportangeboten ausgeschlossen fühlen und trans Personen nachweislich weniger Sport treiben als cis Personen.
Ergebnisse der Studie „Sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Sport (Outsport)“ der Deutschen Sporthochschule Köln (2019) haben gezeigt, dass
- 56% der der befragten trans* Personen sich von bestimmten Sportarten ausgeschlossen fühlen,
- 95% der Befragten angeben, dass es im Sport ein Problem mit Transphobie gibt,
- 40% der befragten trans* Personen von negativen persönlichen Erfahrungen berichten,
- 92% homo- bzw. transphobe Anfeindungen nicht an offizielle Stellen melden.
Jeder Verein und jeder Verband kann dazu beitragen, Barrieren für queere Menschen abzubauen und den Anspruch des Sports, für alle da zu sein, einzulösen.
Welche Barrieren bestehen für trans-, inter- und nichtbinäre Menschen beim Zugang zu Sportangeboten?
- Viele queere Personen haben im Breitensport Angst vor Abwertungen und Diskriminierungen, z.B. durch Mittrainierende, Trainer*innen oder andere Vereinsaktive.
- Für viele trans(geschlechtliche), inter(geschlechtliche) und nichtbinäre Menschen stellen binäre Umkleiden, Toiletten oder Duschen, die nur für Männer und Frauen da sind, große Zugangsbarrieren zum Sport dar.
- Vielerorts gibt es noch keine passenden Trainings/Wettkämpfe für nicht-binäre/inter* Menschen bzw. kommt es seitens der Sportstrukturen zu Ausschlüssen bei der Wahl bestimmter Teams
- Viele queere Personen können meist nicht von außen erkennen, ob bestimmte Vereine für queere Menschen offen sind und ob es z.B. Konzepte gegen Diskriminierungen gib
Wichtig: In der Regel können in jedem Verein bzw. Verband vereinsbezogene Lösungen für diese Herausforderungen gefunden werden.
Welche Weiterbildungsangebote gibt es in Sachsen?
Workshops und Sensibilisierungsformate für Vereine und Verbände in Sachsen, die sich näher mit dem Thema beschäftigen und ggf. Barrieren abbauen wollen, bietet zum Beispiel der Verein Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V. (TIAM). Die Kosten können anteilig über das Bildungswerk des Landessportbundes übernommen werden.
Kontaklt:
Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V.
Demmeringstr. 32
04177 Leipzig
E-Mail
Weiterführende Quellen & Links
- Bremer Erklärung der Sportministerkonferenz, November 2020
(Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ab S. 12)
- Studie Outsport 2019:
Allgemein
Deutschland - Deutsches Jugendinstitut (DJI) 2018:
Queere FreizeitInklusions- und Exklusionserfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und *diversen Jugendlichen in Freizeit und Sport - Materialien zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im Sport
- Charta geschlechtliche Vielfalt und Handreichungen für die Praxis von Seitenwechsel e.V.