50 Tage vor dem Start der Olympischen Spiele Paris 2024 stehen 54 weitere Athlet*innen des Team D fest. Am 4. Juni, hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in seiner 2. Nominierungssitzung in Frankfurt/Main 54 Athlet*innen offiziell für das Team D nominiert. 

Mit dabei sind Sportler*innen aus den Sportarten Judo, Schießen, Schwimmen (Becken, Freiwasser, Wasserspringen) und Triathlon. Unter den Nominierten befinden sich drei sächsische Athlet*innen:

  • Schwimmen Marek Ulrich (100 m Rücken / SSG Leipzig)
  • Schwimmen Timo Sorgius (4x200 m Freistil / SSG Leipzig)
  • Wasserspringen Saskia Oettinghaus (3 m / Dresdner SC)

Die weiteren Nominierungstermine auf der Road to Paris sind: 25. Juni, 2. Juli und 5. Juli.

Weitere Infos und die Nominierten-Liste.

Vorschau auf die Olympischen Spiele von Paris aus sächsischer Sicht

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Vom 26. Juli bis zum 11. August werden in der französischen Hauptstadt Paris die XXXIII. Olympischen Sommerspiele stattfinden. Paris ist damit nach 1900 und 1924 zum dritten Mal Austragungsort des größten Sportereignisses der Welt. Ungeachtet der prekären internationalen Entwicklungen und ihrer Folgen hofft der Landessportbund Sachsen auf friedliche und faire Wettbewerbe für die Athletinnen und Athleten sowie eine Chance für möglichst viele sächsische Sportlerinnen und Sportler sich erfolgreich auf der großen olympischen Bühne präsentieren zu können. Im Folgenden wird ausgehend von den berufenen Mitgliedern des Teams Paris der aktuelle Stand der Qualifikationen aus sächsischer Sicht betrachtet.

Olympische Sportarten

Im März dieses Jahres hat Maxi-Carina Klötzer vom Boxclub Chemnitz 94 sich als erste und bisher einzige Deutsche für die Spiele in Paris qualifiziert. Beim Qualifikationsturnier im italienischen Busto Arsizio nutze sie ihre Chance im Fliegengewicht und besiegte im Viertelfinale die kasachische Vize-Weltmeisterin Balkibekowa. Damit erreichte Maxi Historisches, denn nie zuvor konnte sich eine sächsische Boxerin für Olympische Spiele qualifizieren.

Die Sportart Breaking wird 2024 in Paris ihr olympisches Debut feiern. Leider wird es zunächst bei dem Debut bleiben, denn das IOC hat Breaking für 2028 in Los Angeles nicht in das Programm aufgenommen. Umso begehrter sind die Startplätze für die olympischen Wettkämpfe in der französischen Hauptstadt. In Paris startberechtigt sind jeweils 16 B-Girls und B-Boys von denen je neun Startplätze bereits vergeben wurden. Der weitere Qualifikationsweg führt über eine Olympic Qualifier Series, wo die verbliebenen sieben Startplätze bei Wettbewerben in Singapur (Mai) und Budapest (Juni) vergeben werden. Mit dem B-Girl Jilou von 84til e.V. hat Sachsen eine von nur zwei deutschen Kandidatinnen im Rennen um die Tickets, die zudem gute Chancen hat, einen der begehrten Plätze zu ergattern. 

Mit Raphael Friedrich (TSG Rodewisch) hatten die sächsischen Gewichtheber den Junioreneuropameister von 2023 ins Rennen geschickt. Nach einer Verletzung rückte aber das erforderliche Wettkampfergebnis in nicht mehr erreichbare Ferne, sodass für den 23-jährigen die Perspektive für 2028 in Los Angeles bleibt. Auch Max Lang als ehemaliger Sachse schaffte beim letzten Qualifikationswettbewerb in Thailand nicht den Sprung in die Top-8 des IWF-Rankings, sodass in Paris nicht nur keine sächsischen, sondern gar keine deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Gewichtheben dabei sind.

Beim Qualifikationsturnier zu Hause haben die Handball-Männer alles klargemacht und sich schlussendlich gegen den Nachbarn Österreich durchgesetzt. Mit Simon Ernst, Luca Witzke und Franz Semper stehen drei sächsische Spieler vom SC DHfK Leipzig im 35er-Kader von Bundestrainer Alfred Gislason. Die beiden letzteren waren bereits für die Olympiaqualifikation nominiert. Bleibt abzuwarten und Daumen zu drücken bis zur finalen Nominierung des Deutschen Handball Bundes für Paris. Auch die Damen haben sich im Handball erstmals seit 2008 wieder qualifiziert, jedoch ohne sächsische Spielerinnen.

Die erfolgreichen Zeiten des sächsischen Judo-Sports mit olympischen Medaillengewinnern liegen zwölf Jahre zurück. 2012 holte Kerstin Thiele Silber in London. Ihre Nachfolger im Team Paris 2024 mussten schon frühzeitig die Hoffnungen begraben. Für den Juniorenvizeweltmeister von 2021, Lennart Slamberger, sind die Spiele in Paris vielleicht noch eine Idee zu früh gekommen, während Daniel Herbst (beide JC Leipzig) sich nach der WM-Teilnahme 2022 in der IJF-Weltrangliste nicht entscheidend platzieren konnte.

Im Kanu-Rennsport fanden Anfang und Mitte April die nationalen Ausscheidungen für die Nationalmannschaft statt. Nachdem bei den Weltmeisterschaften 2023 die Quotenplätze für 9 der 10 Bootsklassen gesichert werden konnte, erfolgte Schritt 1 der Leistungsüberprüfung. Mit Tom Liebscher-Lucz (KC Dresden) und Peter Kretzschmer (SC DHfK Leipzig) konnten sich zwei Sachsen für die internationale Leistungsüberprüfung qualifizieren. Mit dem Sieg beim Weltcup in Szeged Anfang Mai gilt die nationale Qualifikation von Tom Liebscher-Lucz gemeinsam mit seinen Bootskameraden im K4 als nahezu sicher. Dagegen muss nach krankheitsbedingter Schwächung des C2-Partners Tim Hecker der amtierende Weltmeister Peter Kretzschmer auf den zweiten Weltcup Ende Mai in Poznan (POL) hoffen, um auf den Zug nach Paris aufspringen zu können. 

Mit der Bronzemedaillengewinnerin von Tokio, Andrea Herzog, dem ehemaligen Weltmeister Franz Anton sowie Nele Bayn und Lennard Tuchscherer (alle Leipziger Kanu-Club) hatten die sächsischen Slalom-Kanuten gleich mehrere Trümpfe im Spiel um die nationale Ausscheidung in Augsburg und Markkleeberg Anfang Mai. Im äußerst engen Kampf um die Tickets konnte sich jedoch nach vier Wertungsläufen keiner von ihnen gegen die Konkurrenz aus Augsburg durchsetzen.

Bei den vorolympischen Weltmeisterschaften im September in Antwerpen verpasste die deutsche Damenriege ersatzgeschwächt hauchdünn die Qualifikation für den Team-Mehrkampf. In den strengen internationalen Richtlinien bedeutete dies, dass sich die deutschen Damen nur noch über die Einzelleistungen qualifizieren konnten. Der sächsischen Weltmeisterin von 2017, Pauline Schäfer-Betz (KTV Chemnitz), gelang dies über die Qualifikation für das Mehrkampf-WM-Finale. Die weiteren sächsischen Turnerinnen um Ex-Europameisterin Emma Leonie Malewski (TuS 1861 Chemnitz Altendorf) können sich nun nur noch über die zwei nationalen Qualifikationen das eine verbliebene Ticket erkämpfen.

Die olympische Kernsportart Leichtathletik stellt mit 48 Disziplinen die größte Anzahl an Medaillenentscheidungen sowie das größte Kontingent an Starterinnen und Startern bei den Spielen. Auch sächsische Sportlerinnen und Sportler machen sich Hoffnungen, im Qualifikationszeitraum die internationalen Normen zu über- beziehungsweise zu unterbieten. Wem das nicht gelingen sollte, der darf noch auf die bereinigte Weltrangliste hoffen, um über eine entsprechende Platzierung das Paris-Ticket zu erlangen. Aktuell relativ sicher qualifiziert sind Saskia Feige (SC DHfK Leipzig) im Gehen und Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz) mit der 4x400m-Staffel.  Karl Bebendorf (Dresdner Sportclub 1898) und Robert Farken (SC DHfK Leipzig) sind mit ansprechenden Leistungen in die Freiluftsaison gestartet und hoffen noch auf Steigerungen. Auch Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz), Jonas Wagner (Dresdner Sportclub 1898), Steven Richter und Katharina Maisch (beide LV Erzgebirge Chemnitz) haben bis zum 30. Juni die Möglichkeit den Qualifikationsnachweis international zu erbringen.      Mit Rebecca Haase hat auch eine ehemalige sächsische Athletin, die weiterhin am Bundesstützpunkt in Chemnitz trainiert, ihre sportliche Qualifikation bereits nachgewiesen.

Der Bund Deutscher Radfahrer hat es geschafft, die internationalen Qualifikationsanforderungen in allen sechs Bahnraddisziplinen zu erfüllen und darf entsprechend die Maximalzahl an Athletinnen und Athleten nominieren. Mit Stefan Bötticher (Chemnitzer Polizeisportverein) für den Kurzzeitbereich und Felix Groß (SC DHfK Leipzig) sowie Nicolas Heinrich (ESV Lokomotive Zwickau) im Ausdauerbereich stehen drei sächsische Kandidaten auf den Listen der Bundestrainer. Auch Romy Kasper hat noch Chancen auf den Paris-Tross im Straßenradsport aufzuspringen. Die endgültige Nominierung wird der Verband aber erst in einigen Wochen vornehmen.

Nach der Bronzemedaille zur Weltmeisterschaft 2023 in Belgrad in der nicht-olympischen Gewichtsklasse von 55kg war klar, dass Anastasia Blayvas vom KFC Leipzig die größten Chancen aus sächsischer Sicht auf ein Ticket nach Paris hat, wenn sie die Klasse entsprechend wechselt. Beim kontinentalen Qualifikationsturnier Anfang April fehlte ihr noch ein letzter Sieg, um die Qualifikation zu erlangen. Dies holte sie in Istanbul einen Monat später beim letzten internationalen Qualifikationsturnier in der Gewichtsklasse bis 50kg eindrucksvoll nach und sicherte sich das Ticket nach Paris.

Auch im internationalen Rudersport ging die Qualifikation der Bootsklassen zunächst über die Weltmeisterschaften im September 2023 in Belgrad. Mit sechs von vierzehn Bootsklassen wurde das Minimalziel erreicht. Zum Weltcup Mitte Mai in Luzern bestand die Möglichkeit in weiteren Bootsklassen Qualifikationsplätze zu ergattern. Dies gelang nur dem Männer-Zweier ohne Steuermann. Aus sächsischer Sicht lagen die Hoffnungen insbesondere auf dem Frauen-Achter mit Sophie Leupold (Pirnaer RV). Mit Platz 4 verpasste der Achter leider die Qualifikation. Nach den medaillenlosen Spielen von Tokio wird in Paris Sachsen nicht mal mehr vertreten sein.  

Nach der Durststrecke in Rio de Janeiro 2016 für die sächsischen Schwimmerinnen und Schwimmer konnte Sachsen 2021 drei Teilnehmende nach Tokio entsenden. Auch für Paris waren drei sächsische Schwimmer aus der Leipziger Trainingsgruppe von Frank Embacher im Rennen um die Startplätze. Mit Timo Sorgius und Marek Ulrich (beide SSG Leipzig) schafften es zwei, die erforderliche Normzeit innerhalb des Qualifikationszeitraumes zu unterbieten  beziehungsweise sich für die Staffeleinsätze zu empfehlen.

Während die Männer-Nationalmannschaft sich bereits im vergangenen Jahr das Ticket beim Qualifikationswettbewerb in Brasilien sichern konnte, müssen sich die Damen aktuell in der Nations League behaupten, um einen der letzten Startplätze für Deutschland zu ergattern. Sarah Straube ist derzeit die einzige Nominierte im Kader der Damen-Nationalmannschaft und hält die Hoffnung hoch auf eine sächsische Olympiateilnehmerin in Paris. Mit Anton Brehme, Lukas Maase, Camilla Weitzel, Lena Stigrot und Monique Strubbe stehen zudem ehemals in Sachsen ausgebildete Sportler und Sportlerinnen in den Aufgeboten. Nicht zuletzt betreut mit Alexander Waibl als Bundestrainer der langjährig erfolgreiche Bundesligatrainer des DSC 1898 die Damen-Nationalmannschaft.

Nach dem Karriereende der Bronzemedaillengewinnerin von Tokio, Tina Punzel, war es überaus spannend, ob eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger aus den Bundesstützpunkten Dresden und Leipzig den Sprung vom Brett hinein in den Zug nach Paris schafft. Saskia Oettinghaus vom Dresdner SC 1898 gelang auf den letzten Drücker bei der nationalen Qualifikation im Rahmen der Internationalen Deutschen Sommermeisterschaften Ende Mai in Berlin mit Platz 2 vom olympischen 3m-Brett die Überraschung, sie sicherte sich das Ticket nach Paris.

Paralympische Sportarten

Im Goalball hoffte Oliver Hörauf (Chemnitzer Ballspiel-Club) nach 2016 und 2021 erneut auf eine Olympiateilnahme. Leider scheiterte die deutsche Goalball-Nationalmannschaft in der Qualifikation und wird in Paris nicht vertreten sein.

Erfolgreicher verlief die Qualifikationsphase für Sachsen im Para Triathlon. Sowohl der Doppel-Paralympics-Sieger Martin Schulz (SC DHfK Leipzig) als auch der Vizeweltmeister Max Gelhaar (Leipziger Behinderten- und Reha-Sportverein) liegen sicher im internationalen Ranking und haben Qualifikations- und Medaillenanspruch mit jeweils einem Sieg beim Para-Weltcup in Samarkand Mitte Mai erneut unter Beweis gestellt.

Im Rollstuhlrugby gelang es der deutschen Nationalmannschaft nach dem Scheitern 2021 dieses Mal das Ticket nach Paris zu sichern. Mit Paralympics-Neuling Josco Wilke vom Leipziger Behinderten- und Reha-Sportverein ist auch Sachsen im Team vertreten.

Seit vielen Jahren international eine Bank ist die deutsche Sitzvolleyball-Nationalmannschaft. Während die Damen den Sprung nach Paris leider verpassten, schafften es die Männer vorzeitig im Februar durch den Sieg Ägyptens im Afrika-Cup. Mit Alexander Schiffler und Florian Singer (beide Dresdner Sportclub 1898) stehen zwei erfahrene Sachsen im Team vom ebenfalls sächsischen Bundestrainer Christoph Herzog.

Alle Qualifizierten müssen erst durch das Nationale Olympische Komitee, also den Deutschen Olympischen Sportbund, nominiert werden. Dies erfolgt im Zeitraum vom 14. Mai bis 5. Juli an fünf offiziellen Terminen. Die Hoffnung besteht, dass alle sportlich bereits qualifizierten Athletinnen und Athleten auch die Nominierung erhalten und möglichst viele der Kandidatinnen und Kandidaten ihrem Beispiel noch folgen können.

Abschließend kann resümiert werden, dass die sächsische Mannschaft bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris kleiner ausfallen wird, als das noch in Tokio (30) oder Rio de Janeiro (37) der Fall war. Auch die Perspektiven auf mögliche sächsische Medaillenanteile sind überschaubar. Neben dem K4 im Kanu-Rennsport sind vor allem die Para-Triathleten Medaillenkandidaten. Die Wiederholung der Anzahl von vier sächsischen Medaillen in Tokio wird damit für Paris ein echtes Kampfziel. Allen Athletinnen und Athleten, die Sachsen in Paris vertreten, sowie ihren Betreuerinnen und Betreuern drücken wir fest die Daumen und wünschen maximale Erfolge.   

Bericht: Dr. Kersten Adler, Fachbereichsleiter Leistungssport

(Stand: 06.06.2024)