Zum 1. September sind die sogenannten Corona-Sonderreglungen weggefallen, die für Vereine von zentraler Bedeutung waren und sowohl im Rahmen der Durchführung von Mitgliederversammlungen, der Beschlussfassung als auch der Wahl von Vorständen erhebliche Erleichterungen gebracht hatten. Mit dem Ende der Sonderreglungen treten die bekannten gesetzlichen Vorgaben wieder in Kraft.
Um weiterhin von möglichen Vereinfachungen profitieren zu können, müssen Vereine ihre Satzungen anpassen. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung, was sich geändert hat und was es als Verein künftig zu berücksichtigen gilt.
Eine kompakte Übersicht zu den anstehenden Änderungen sowie zwei Formulierungsvorschläge für Ihre Satzung finden Siehier.
Amtszeit des Vorstandes
Die Amtszeit eines Vereinsvorstands ist befristet. Ist die Amtszeit abgelaufen, verliert er automatisch die Befugnis, den Verein im Rechtsverkehr vertreten zu können, und zwar auch dann, wenn noch kein neuer Vorstand gewählt worden ist. Die Satzung kann allerdings vorsehen, dass der alte Vorstand bis zu einer Neuwahl im Amt bleibt.
- Diese strenge Verfahrensweise war durch die Coronagesetzgebung gelockert worden. Die Vorstände bleiben auch bei Nichtdurchführung von Neuwahlen in Amt und Würden. Allerdings eben nur bis zum 31.08.2022.
Was nun gilt:
Ab dem 1. September 2022 gilt wieder die ursprüngliche gesetzliche Regelung: Mit Ablauf der Amtszeit endet automatisch das Amt des Vorstands, wenn die Satzung keine Bestimmung zur Fortführung des Amtes beinhaltet. Ab diesem Stichtag ist der Verein nicht mehr handlungsfähig und die bisherigen Vorstandsmitglieder sind nicht mehr berechtigt, den Verein zu vertreten.
Tipp – was ist zu tun?
Ist die Amtszeit des Vorstands abgelaufen, muss unverzüglich eine Mitgliederversammlung durchgeführt und der Vorstand neu gewählt werden. Der alte Vorstand ist nur noch berechtigt, die Mitgliederversammlung einzuberufen.
Durchführung von Mitgliederversammlungen
Für den Verein verbindliche Beschlüsse kann nur die Mitgliederversammlung treffen. Nach den gesetzlichen Regelungen im BGB muss die Mitgliederversammlung in Präsenz stattfinden. Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn die Satzung die anderweitige Durchführung ausdrücklich gestattet.
- Die Sonderregelungen ermöglichten es auch ohne Regelung in der Satzung, hybride Mitgliederversammlungen oder auch solcher, die gänzlich online stattfanden, durchzuführen. Zudem konnte eine Mitgliederversammlung verschoben werden, wenn eine Präsenz-Veranstaltung untersagt und eine virtuelle Mitgliederversammlung für nicht zumutbar eingestuft wurde.
Was nun gilt:
Sofern keine andere Satzungsregelung existiert, können Mitgliederversammlungen ausschließlich in Präsenz stattfinden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf zur Ermöglichung digitaler Mitgliederversammlungen liegt derzeit beim Bundestag. Zudem müssen ordentliche Mitgliederversammlungen gem. § 36 BGB zu denen in der Satzung vorgegebenen Zeiten stattfinden.
Tipp – was ist zu tun?
Möchte ein Verein ab dem 1. September 2022 Mitgliederversammlungen online bzw. hybrid ermöglichen, ist dazu eine Satzungsänderung nötig. Soweit sich der Vorstand für eine dauerhafte Ergänzung der Satzung entscheidet, sollte das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Mitgliederversammlung und eine entsprechende Satzungsänderung zur Diskussion und Abstimmung gestellt werden.
Briefwahl und schriftliche Beschlüsse
§ 32 BGB eröffnet die Möglichkeit, Beschlüsse auch ohne Durchführung einer Mitgliederversammlung herbeizuführen. Dazu ist es erforderlich, dass alle Mitglieder des Vereins dem jeweiligen Beschlussvorschlag zustimmen.
- Diese Regelung wurde durch die Corona-Gesetzgebung gelockert. So konnte die Zustimmung per E-Mail erfolgen, und auch die Notwendigkeit der Zustimmung aller Vereinsmitglieder war nicht erforderlich.
Was nun gilt:
Ab dem 1. September 2022 greift wieder die Ursprungsregelung des Gesetzes, dass alle Mitglieder den Vereinsbeschlüssen zustimmen müssen. Ohne eine entsprechende Satzungsbestimmung ist die Beschlussfassung im Umlaufverfahren nur gem. § 32 Abs. 2 BGBmöglich. Voraussetzung ist die schriftliche Zustimmung aller Mitglieder.
Tipp – was ist zu tun?
Wenn ein Verein es seinen Mitgliedern weiterhin ermöglichen möchte, Beschlüssen zuzustimmen, ohne dass sämtliche Mitglieder ihr Votum abgegeben haben, muss er die Vereinssatzung im Wortlaut der Corona-Sonderregelungen ändern. Dies kann der Vorstand vornehmen und entsprechend in der nächsten Mitgliederversammlung diskutieren und darüber abstimmen lassen.
Mögliche Satzungsformulierungen
Folgende Satzungsformulierungen sind möglich:
Beschlussfassung
Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
Virtuelle Durchführung von Sitzungen
1. Der Vorstand kann entscheiden, die Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation durchzuführen. Er kann die Durchführung auch als hybride Veranstaltung mit realer als auch virtueller Teilnahme ermöglichen. Mitglieder sind über die Art der Durchführung im Rahmen der Einladung zu informieren.
2. Virtuelle Sitzungen finden in einem nur für Mitglieder zugänglichen Chatroom per Video- oder Telefonkonferenz statt. Die Zugangsdaten sind den Mitgliedern rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltung zur Verfügung zu stellen. Die Mitglieder sind verpflichtet die Zugangsdaten unter Verschluss zu halten und ausschließlich zur berechtigten Teilnahme an der Sitzung zu nutzen.
3. Während der Sitzung muss technisch sichergestellt sein, dass die teilnehmenden Mitglieder ihre satzungsgemäßen Rechte (Rede-, Antrags- und Stimmrecht) ausüben können. Die Gültigkeit von Beschlüssen (und Wahlen, sofern gewollt) wird nicht dadurch berührt, dass einzelne Mitglieder aufgrund technischer Störungen an der Teilnahme oder der Ausübung ihrer Rechte nach Satz 1 gehindert sind.
4. Die Beschlussfassung (einschließlich der Wahlen, sofern gewünscht) kann unter Zuhilfenahme elektronischer Abstimmungssysteme durchgeführt werden.
5. Die Absätze 1-4 gelten entsprechend für alle Organe und Gremien des Vereins, sofern nicht an anderer Stelle in dieser Satzung eine abweichende Regelung getroffen wird.“
Weiterführende Informationen:
In diesem Video der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt wird noch einmal erklärt, was Vereine zum Wegfall der Corona-Sonderregeln wissen müssen.
Hier geht es zu unseren Corona-FAQ mit allen weiteren wichtigen Informationen.
Zum Hintergrund der Corona-Sonderregelungen
Der Bundestag hat in dem Gesetz vom 27.03.2020 – Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht – auch Sonderregelungen zu Vorschriften des Vereinsrechts vorgenommen. Das Gesetz sollte es Vereinen erleichtern, ihre Handlungsfähigkeit während der Corona-Krise aufrechtzuerhalten. Diese Regelungen sind zum 1. September 2022 ausgelaufen.